Großwallstadt

Unterfranken

Anker-Bräu - 1852 bis 1965

63868 Großwallstadt

1852 gegründet, Brauerei zum Anker Johann Vollert
1895 Brauerei zum Anker Sahm
1938 Ankerbräu Alois Scherer
1942 Ankerbräu Alois Scherer Witwe
1965 Ankerbräu Josef Scherer

Vermutlich übernahm der Vater von Peter Anton Scherer (1836-1919) den "Anker" und begann 1852 dort Bier zu brauen. Ob die Vorbesitzer Johann und Valtin Vollert schon Bierbrauer waren, ist nicht bekannt. Die Wirtschaft "Zum Anker" hat zu dieser Zeit jedoch schon lange bestanden. Ein altes Dokument von 1756, das sich in der Kirchturmspitze befand, berichtet von einem "Niclas Schmidt Wirth im Anker am Main".

Der Sohn von Peter Anton Scherer, Alois (1874-1937), führte Brauerei und Wirtschaft weiter und betrieb sie bis zu seinem Tod. 1930 wollte er die Brauerei weitgehend modernisieren und sanieren. Hierüber gibt es eindrucksvolle Planungen von einem Nürnberger Büro, die ein anschauliches Bild von diesem Vorhaben vermitteln. Es ist nicht bekannt, warum diese Maßnahme nicht zur Durchführung kam.

Seine Witwe hielt den Brauereibetrieb, so gut sie konnte, aufrecht., musste das Bierbrauen dann allerdings vorübergehend einstellen, bis ihr Sohn Josef heimkehrte. Er war einige Jahre in der Schweiz und erlernte dort als Zweitberuf das Brauerhandwerk. Er hatte zuerst eine Schlosserlehre absolviert und als Gesellenstück fertigte er das kunstvolle Wirtshausschild "Anker", das heute noch existiert. Er drängte seine Mutter, dass sie ihm baldmöglichst die Brauerei überschreiben solle, denn sein Bruder Peter, der ebenfalls Bierbrauer war - er lernte bei der Brauerei Etzel in Amorbach - war im Krieg als vermisst gemeldet. Er kam später zurück und übernahm die Landwirtschaft.

Nach dem Zweiten Weltkrieg dachte Josef Scherer an einen Brauereineubau mit Gasthaus auf dem Grundstück am Trischbachbrunnen (Nähe Möbelhaus Spilger), das er 1948 von Eduard Köhler erwarb. Er hortete deshalb schon vor der Währungsreform Baumaterial, wohl auf dem Tauschweg, wie es damals üblich war - man betrieb ja auch eine Brennerei. Das Vorhaben sollte nach der Währungsreform verwirklicht werden. Aber daraus wurde nichts, denn die Stadt Obernburg versagte angeblich die Genehmigung.

So wurde an alter Stelle unzulänglich weiter produziert. Die gesamte Brauereieinrichtung war im relativ großen Sudhaus untergebracht und recht einfach ausgestattet. Der Maischbottich musste noch mit der Hand gerührt werden. Das zum Kühlen benötigte Eis wurde lange Zeit aus dem Main gewonnen. Später hatte man ein eigenes Eisgerüst, das sich unmittelbar neben der Brauerei befand und vermutlich bis nach dem Zweiten Weltkrieg genutzt wurde. Das Eis kam in einen extra errichteten Eiskeller auf dem Schauderberg, wo sich heute das Anwesen der Familie Peter Scherer befindet.

Es wurden auch Wirtekunden beliefert, so u.a. in Sulzbach, Wörth, Hausen, Niedernberg, Obernburg und Kleinwallstadt. 1966 allerdings braute man nur noch für den eigenen Bedarf und für Heimdienstkunden. 1967 wurde der Brauereibetrieb dann eingestellt. Die Wirtschaft existierte noch bis 1998. Im darauf folgenden Jahr ist der gesamte Gebäudekomplex abgerissen worden.

Text und Fotos: www.faust.de

Eisgerüst der Brauerei Scherer Gastwirtschaft Anker

Zum Engel - 1807 bis 1920

Bereits 1807 erhielt Leonhard Heerdt von Großwallstadt den Bierbrauerei-Consens, nachdem er nach eigenen Angaben schon seit 1801 in seinem Haus Nr. 67 in der Weichgasse Bier braute. Interessant ist dabei, dass dieser Leonhard Heerdt zusammen mit seinem Nachbarn Peter Schnabel bereits ein Brennrecht für eine Branntweinbrennerei besaß, das sie gemeinsam auf einer Blase ausübten. Diese Blase verwendete Heerdt auch zur Bierherstellung. So baten beide 1807 um Befreiung von der Lösung eines extra Braufeuerrechts, da sie bereits den Consens für die Branntweinbrennerei besäßen.

Es ist zu vermuten, dass Leonhard Heerdt kurz danach in die Engelsgasse übersiedelte, dort die bereits seit 1755 bestehende Wirtschaft "Zum Engel" weiterführte und wahrscheinlich bald auch den Braubetrieb aufnahm. In einer alten Aufzeichnung wird er 1814 als Besitzer des "Engel" geführt.
1840 kaufte Adam Köhler den "Engel". Dazu gehörte auch ein Felsenkeller am Trischbachbrunnen, wo Köhler sein Bier lagerte, aber auch das Eis, das er im Winter aus dem zugefrorenen "Maolaggao" holte.

Seine Nachkommen, Sohn Franz Joseph und Enkel Friedrich Jakob, führten die Brauerei und Gastwirtschaft fort. Schon recht früh produzierte Köhler eine eigene Limonade, die er sich unter dem Namen "Siamol" sogar schützen ließ. Der Grundstoff bestand hauptsächlich aus Waldfrüchten wie Brombeeren, Walderdbeeren, Heidelbeeren usw. Auch diese kühlte er im Trischbachkeller. Wegen des häufig wiederkehrenden Hochwassers baute er an der Mömlinger Straße ein neues Gasthaus, das er "Fränkischer Hof" nannte. Auch die Brauerei verlegte er dorthin. Das "Engel"-Areal verkaufte er 1902 an den aus Eichenbühl stammenden Metzger Karl Horn. Zuvor war aber ein anderer Kaufinteressent am "Engel" interessiert. Anton Vonderlinden aus Großwallstadt, der gerade volljährig und noch ledig war, kaufte ihn von Köhler zunächst per Handschlag. Köhler behielt sich aber noch für ein Jahr das Schankrecht vor. Nach einem Jahr verlangte er nun eine höhere Kaufsumme als ursprünglich vereinbart war, mit der Begründung, er habe in der Zwischenzeit erhebliche Investitionen vorgenommen. Diese Kaufpreisänderung akzeptierte Vonderlinden nicht. Er wanderte bei Nacht und Nebel nach Amerika aus. Köhler prozessierte daraufhin wegen Schadenersatz gegen den Vater von Vonderlinden, jedoch ohne Erfolg.

Nach Jakob Köhlers Tod übernahm dessen Sohn Eduard die Brauerei und die Wirtschaft "Zum Fränkischen Hof". Er betrieb daneben auch eine Obstkelterei, die von den Großwallstädtern gut angenommen wurde. Eduards ältester Sohn lernte ebenfalls das Brauerhandwerk. Er heiratete aber 1918 in eine Bamberger Brauerei, wo er als Braumeister tätig war. Da sich in der Familie Köhler sonst kein Fachmann befand, wurde die Brauerei 1920 stillgelegt. Die Wirtschaft und eine Metzgerei werden heute noch von den Nachkommen der Köhlers, der Familie Glaab, betrieben.

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